Skip to main content

3.5 Motorrad mit Beiwagen

Motorräder mit Beiwagen sind heutzutage selten geworden, aber gerade im historischen oder ländlichen Bereich tauchen sie noch auf – etwa bei Oldtimertreffen, in Fahrschulen oder bei speziellen Einsätzen. Die Fahrphysik eines Motorrads mit Beiwagen unterscheidet sich jedoch deutlich vom klassischen Solobetrieb.

51.jpg
Quelle: freepik.com

Das Fahren mit einem Gespann erfordert spezielle Kenntnisse: Die Gewichtsverteilung ist ungleichmäßig, Kurvenverhalten und Bremsverhalten ändern sich drastisch. Wer glaubt, man könne mit einem Beiwagen fahren wie mit einem normalen Motorrad, riskiert die Kontrolle zu verlieren.

1. Rechtliche Bestimmungen

  • Mit einem Führerschein der Klasse A darfst du Motorräder mit Beiwagen fahren.

  • In Deutschland ist der Beiwagen immer rechts montiert (in Ländern mit Linksverkehr entsprechend links).

  • Der Beiwagen muss mit bestimmten Beleuchtungseinrichtungen ausgerüstet sein:

    • Begrenzungsleuchte

    • Blinker

    • Zusätzlich erlaubt: Bremsleuchte

  • Die Kombination aus Motorrad und Beiwagen muss technisch zugelassen sein. In den meisten Fällen ist eine Einzelabnahme durch eine Prüfstelle notwendig. Erst nach dieser erhält das Fahrzeug eine gültige Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE).

61.jpg
Quelle: wikipedia.org

2. Fahrphysikalische Unterschiede zum Solobetrieb

Ein Gespann ist kein Motorrad und kein Auto – es fährt sich völlig eigenständig. Die Gewichtsverteilung ist asymmetrisch, der Schwerpunkt verschiebt sich deutlich zur Seite, und es fehlt die Möglichkeit, das Fahrzeug durch Schräglage zu stabilisieren.

a) Anfahren

  • Beim Anfahren zieht das angetriebene Hinterrad das Motorrad nach vorn, während der Beiwagen als „träge Masse“ zurückbleibt.

  • Dadurch neigt das Gespann zum Rechtsdrall beim Beschleunigen.

b) Bremsen

  • Beim Bremsen verzögert das Motorrad aktiv, der Beiwagen läuft jedoch aufgrund seiner Trägheit weiter.

  • Folge: Das Gespann wird nach links geschoben, wenn der Beiwagen ungebremst ist.

  • Du musst mit dem Lenker gegenlenken, um die Spur zu halten.

c) Kurvenverhalten

  • In Rechtskurven: Gefahr, dass der Beiwagen durch Fliehkräfte abhebt.
    → Sofort Gas wegnehmen, ggf. leicht bremsen, Körpergewicht nach rechts verlagern.

  • In Linkskurven: Der Beiwagen drückt das Gespann von außen, das Motorrad muss regelrecht um den Beiwagen „herumziehen“.

Wichtig: Beim Gespann wird nicht in Schräglage gefahren, sondern mit aktivem Lenken – ähnlich wie beim Auto.


62.jpg
Quelle: wikipedia.org

3. Fahrverhalten und Technik-Tipps

Situation Besonderheit Verhalten / Lösung
Geradeausbeschleunigung Zug nach rechts durch Masseträgheit des Beiwagens Gegenhalten, ruhig beschleunigen
Bremsen Beiwagen schiebt nach links Bremsverhalten anpassen, gegenlenken
Rechtskurve Beiwagen kann abheben Tempo reduzieren, ggf. bremsen, Gewicht verlagern
Linkskurve Motorrad „zieht“ Beiwagen mit Möglichst flüssig, ohne ruckartige Lenkbewegung
Beladung Ungleichgewicht möglich Beiwagen nicht einseitig überladen

4. Hinweise zur Praxis

  • Das Fahren mit Beiwagen sollte idealerweise zunächst auf einem Verkehrsübungsplatz oder in verkehrsarmen Bereichen geübt werden.

  • Bei einem ungebremsten Beiwagen ist das Verhalten besonders anspruchsvoll – viele moderne Gespanne verfügen über Beiwagenbremsen.

  • Nicht jedes Motorrad ist für den Beiwagenbetrieb geeignet – oft sind Umbauten und technische Verstärkungen notwendig.

  • In der Fahrprüfung ist Beiwagenfahren nicht vorgesehen, aber du solltest die Grundlagen dennoch beherrschen – auch für spätere Spezialanwendungen.

5. Beifahrer im Beiwagen

  • Ein Sozius wird in der Regel im Beiwagen mitgenommen – das verbessert die Fahrstabilität.

  • In Ausnahmefällen können zwei Personen mitfahren: eine im Beiwagen, eine auf dem Soziussitz.

  • Achte auf die Gesamtmasse und gleichmäßige Gewichtsverteilung.

52.jpg
Quelle: freepik.com