4.3 Fahren unter erschwerten Bedingungen
Motorradfahren erfordert stets Aufmerksamkeit und Feingefühl – doch bei schlechten Sichtverhältnissen, widriger Witterung oder ungewohnten Straßenverhältnissen wird es besonders anspruchsvoll. Anders als Autofahrer haben Motorradfahrer keinen Wetterschutz, kein ESP, keinen doppelten Grip durch vier Räder.
Deshalb ist es für Zweiradfahrer überlebenswichtig, ihr Fahrverhalten der Umgebung und den aktuellen Bedingungen anzupassen. Wer das nicht tut, riskiert nicht nur einen Kontrollverlust, sondern auch schwerwiegende Unfälle.
1. Was bedeutet „erschwerte Bedingungen“?
Erschwerte Bedingungen sind alle äußeren Einflüsse, die das sichere Führen eines Motorrads beeinträchtigen oder besondere Anpassungen erforderlich machen.
Dazu zählen z. B.:
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Witterung: Regen, Nebel, Schnee, Eis, Hitze, Wind
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Fahrbahnbeschaffenheit: Splitt, Laub, Öl, Baustellen, Schlaglöcher
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Sichtverhältnisse: Dunkelheit, Blendung durch Sonne oder Scheinwerfer
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Verkehrsdichte: Stau, dichter Stadtverkehr, aggressive Verkehrsteilnehmer
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psychische/physische Belastungen: Müdigkeit, Stress, Ablenkung
2. Konkrete Bedingungen und deren Auswirkungen
a) Regen und nasse Fahrbahn
Risiken:
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Verringerter Reibwert → längerer Bremsweg
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Aquaplaninggefahr (z. B. in Spurrillen)
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Rutschige Oberflächen (Markierungen, Bitumen, Kanaldeckel)
Verhalten:
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Tempo reduzieren, Sicherheitsabstände vergrößern
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Sanft bremsen, keine abrupten Lenkmanöver
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Fahrbahn möglichst „gerade“ durchfahren – keine Schräglage auf rutschigem Belag
Quelle: freepik.com
b) Nebel und schlechte Sicht
Risiken:
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Zu späte Wahrnehmung von Hindernissen oder Kurven
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Übersehen werden von anderen Verkehrsteilnehmern
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Schwierigkeiten bei der Orientierung
Verhalten:
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Sichtgeschwindigkeit: nur so schnell fahren, wie du sehen kannst
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Licht einschalten, ggf. Abblendlicht oder Nebelscheinwerfer
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Blickführung weit vorausrichten – Scheiben/Visier sauber halten
c) Wind (Seitenwind, Böen)
Risiken:
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Motorrad kann versetzt oder instabil werden
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Besonders gefährlich bei Brücken, Lkw-Begegnungen oder Waldschneisen
Verhalten:
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Lockerer, aber kontrollierter Griff am Lenker
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Gegenhalten, aber nicht verkrampfen
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Geschwindigkeit verringern, Abstand zu anderen Fahrzeugen vergrößern
d) Hitze
Risiken:
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Konzentrationsverlust, Kreislaufprobleme
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Reifenüberhitzung bei falschem Druck
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Erhöhte Blendwirkung durch gleißendes Licht
Verhalten:
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Pausen machen, ausreichend trinken
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Hitzefeste Schutzkleidung mit Belüftung nutzen
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Sonnenbrille oder getöntes Visier bei Bedarf
e) Dunkelheit / Nachtfahrten
Risiken:
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Geringere Sichtweite und schlechtere Wahrnehmung von Entfernungen
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Blendung durch Gegenverkehr
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Tiere auf der Fahrbahn (z. B. Wildwechsel)
Verhalten:
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Abblendlicht korrekt einstellen
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Geschwindigkeit reduzieren
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Blick nicht in die Scheinwerfer anderer richten
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Vorausschauend fahren, besonders in ländlichen Gebieten
3. Allgemeine Verhaltensregeln bei erschwerten Bedingungen
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Vorausschauend fahren: keine Überraschungen provozieren
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Fahrweise anpassen: langsamer, weicher, überlegter
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Abstand vergrößern: mehr Platz = mehr Reaktionszeit
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Körperhaltung bewusst einsetzen: z. B. bei Wind oder nasser Fahrbahn
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Technik prüfen: Reifen, Licht, Sicht, Bremsen – alles muss funktionieren
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Eigene Fitness hinterfragen: bist du fit genug für die aktuelle Belastung?
4. Merksätze zur Wiederholung
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„Erschwerte Bedingungen fordern keine Helden – sondern Hirn.“
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„Wenn du nichts siehst, solltest du auch nichts riskieren.“
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„Sicherheit beginnt im Kopf – nicht am Gasgriff.“
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„Halber Grip? Dann nur halbe Schräglage.“
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„Wenn die Straße anders aussieht, musst du auch anders fahren.“